Beziehungen zum Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund SEK

Im Verlaufe des Jahrzehnts spielten die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn im Rahmen des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds SEK zunehmend eine aktiverre Rolle.

Diese Änderung im Rollenverhalten begann damit, dass unsere Kirche im Jahre 2002 kurzfristig bereit war, auf Wunsch des SEK die Sommer-Abgeordneten-Versammlung zu organisieren, obwohl Bern-Jura-Solothurn nicht an der Reihe gewesen wäre. Der Grund für diesen Einschub lag in der Verschiebung der Landesausstellung. Diese hätte ursprünglich im Jahr 2001 stattfinden sollen. Um der AV die Gelegenheit zu bieten, die Expo zu besuchen, war die Sommer-AV 2001 in Montmirail/Neuenburg durchgeführt worden.

Als klar wurde, dass die Expo erst 2002 durchgeführt werden würde, kam die Anfrage an unsere Kirche. Diese organisierte in kurzer Zeit die Sommer-AV in Biel, damit die dortige Arteplage besichtigt werden konnte.  

An der Herbst-AV 2002 reichten die Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn ein Interpellation betreffend eine mögliche Teilrevision der Verfassung des SEK ein, um eine bessere Übereinstimmung des Zweckartikels der SEK-Verfassung mit den tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben zu erreichen. Die Interpellation wurde vom Rat SEK positiv aufgenommen und von Ratspräsident Thomas Wipf in diesem Sinn beantwortet.

Unsere Kirche wurde im letzten Jahrzehnt durch folgende Ratsmitglieder im Rat SEK vertreten:

  • 1998-2008 Synodalrat und Pfarrer Ruedi Heinzer
  • 2009-2010 Synodalrat und Pfarrer Lucien Boder
  • ab 2011 als Ratspräsidenten Pfr. Dr. Gottfried Locher, 2000 - 2010 Synodalrat.   

Als Präsidenten der Abgeordnetenversammlung AV amtierten:

  • Synodalrat Lucien Boder 2003-2004
  • Synodalrat Raymond Bassin 2007-2008.

Zudem war Synodalrätin Pia Grossholz-Fahrni Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission 2004-2008 und anschliessend Mitglied der Kommission von 2009-2011.

Im Jahre 2003 kam Bewegung in das Verhältnis zwischen unserer Kirche und dem SEK, als der Synodale Hans Ulrich Germann eine Motion unter dem Titel "Die reformierten Kirchen  Bern-Jura-Solothurn als Mitglied des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes" einreichte, welche die Erstellung eines Grundsatzdokuments forderte,d as zu folgenden Punkten Stellung nehmen sollte:

  • Welche Aufgaben hat der Kirchenbund im Namen und Auftrag der reformierten Landeskirchen?
  • Wie sind die Kosten zu rechtfertigen?
  • Welche Bereiche sind in den gesamtkirchlichen Diensten für die Sachbearbeitung bezüglich SEK zuständig?
  • Welche Massnahmen gedenkt der Synodalrat zu erreichen, um die Information betr. SEK in unserer Kirche zu verbessern?

Die Motion Germann und die Synodedebatte sehen Sie hier als pdf. (JZB Motion Germann). Der Synodalrat war bereit die Motion anzunehmen, worauf diese mit 177: 0 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen wurde.

Nach einem kurzen Zwischenbericht an der Wintersynode 2004 legte der Synodalrat der Sommersynode 2006 einen ausführlichen Bericht vor, worin er die Geschichte des SEK nachzeichnete, die Mitgliedschaft unserer Kirche beschrieb, unsere Mitwirkung erläuterte, die Dienste des SEK an seinen Mitgliedkirchen auflistete, die inhaltliche Arbeit des SEk würdigte, die Finanzen und Strukturen des Kirchenbundes erläuterte und seine Erwartungen an die künftige Ausrichtung und Arbeit des SEK im Rahmen einer Totalrevision der Verfassung formulierte (vgl. pdf). Diesen langen Bericht fasste er in einer kurzen Policy zusammen.

Die Synode nahm von den Dokumenten zustimmend Kenntnis. In den kirchlichen Medien wurde die Berner Stellungnahme mit grossem Interesse zur Kenntnis genommen. Vgl. zum Beispiel den Internetbeitrag in schweizergeschichte/ livenet: "Berner Schuss vor den Bug des SEK". Siehe Link: www.schweizergeschichte.ch

In der Sommer-Abgeordneten-Versammlung 2006 wurde der Rat des SEK durch die Überweisung einer Motion beauftragt, für die Legislatur 2007-10 ein Projekt "Gesamtrevision Verfassung SEK" vorzulegen. Der Rat beantwortete die Motion ein Jahr später und schlug der AV vor, mittels Prospektivbericht eine Totalrevision der Verfassung einzuleiten. Nach eingehender Diskussion beschloss die Abgeordnetenversammlung im Juni 2007, die Revision der Verfassung SEK in Etappen durchzuführen und jede Etappe vorgängig zu bewilligen.

Für die erste Etappe wurde der Rat beauftragt, einen Bericht erstellen zu lassen, in dem die Mitgliedkirchen die künftige ekklesiologische Bedeutung des Kirchenbundes darstellen, die juristischen Konsequenzen aufzeigen und sich für eine Teil- oder Totalrevision aussprechen sollten.

Dieser Bericht wurde vom den Lausanner Religionssoziologen Jörg Stolz und Edmée Ballif verfasst, wurde aber nicht etwas dem Auftraggeber SEK zugestellt, sondern er erschien am 4. April 2010 in der "NZZ am Sonntag". Der Zeitungsartikel wies auf einige brisante Aspekte der Studie hin: Nicht 33 Prozent wie heute, sondern 20 Prozent oder weniger der Schweizer Bevölkerung würden in vierzig Jahren noch reformiert sein, so der Schluss der Verfasser Stolz und Ballif in einer 170-seitigen unveröffentlichten Studie. Dadurch würden die reformierte Kirchen künftig "kleiner, älter und ärmer" werden.

Für diese Entwicklung der reformierten Kirche seien acht gesellschaftliche Trends verantwortlich, die von den Reformierten selbst nicht beeinflussbar seien. Dazu zähle die Entflechtung von Kirche und Staat. Auch die wachsende Bedeutung der Medien, welche die katholische Kirche mit dem Papst begünstige, trage zum Bedeutungsverlust der Reformierten bei. Des weiteren würden Menschen heute Kosten und Nutzen einer Kirchenmitgliedschaft abwägen und es gebe viel säkulare Konkurrenz.

Den reformierten Landeskirchen wird zugute gehalten, dass sie in vielen Kantonen den Versuchen unternähmen, sich zu profilieren und etwa den Gottesdienst aufzuwerten oder die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern.

Gleichzeitig macht die Studie eine problematische Rolle des Kirchenbunds SEK aus. Dieser kommuniziere nicht klar genug, welche Strategie er mit seiner Idee einer "Reformierten Kirche Schweiz" verfolge; die Kantonalkirchen reagierten deshalb misstrauisch auf Initiativen des SEK. Die Studie löste grosses mediales Interesse aus, brachte aber den Prozess der Verfassungsrevision bis Ende des Jahrzehnts kaum vorwärts (pdf Zusammenfassung der Studie Stolz/Ballif).

Für unsere Kirche vorerst das wichtigere Thema war die Wahl des Nachfolgers von Thomas Wipf als Präsident des Rates SEK. Nach der Abwahl des Kronfavoriten Antoine Reymond aus dem Synodalrat der Waadtländer Kirche im Sommer 2009, der damit auch als SEK-Präsident nicht mehr in Frage kam, war eine neue Situation entstanden. Derjenige Kandidat, den wir ohne Wenn und Aber unterstützt hätten, war ausgeschieden.

Nach sorgfältiger Analyse und reiflicher Überlegung stellte sich Synodalrat Gottfried Locher als Kandidat zur Verfügung. Nachdem sich mit David Weiss, Luzern, und Didier Halter, Wallis, zwei weitere Kandidaten gemeldet hatten, begann ein recht heftiger, meist fairer Wahlkampf. Hearings gab es in Lausanne im Rahmen der CER mit den Kandidaten Locher und Halter sowie in Olten im Rahmen einer SEK-Veranstaltung mit den Kandidaten Weiss, Locher und Halter. An beiden Anlässen entpuppte sich unser Kandidat als die geeignetste Persönlichkeit. Im Verlaufe des Frühlings stellte sich bei verschiedenen Kontakten und Besuchen heraus, dass der Grossteil der Westschweizer Kirchen und die wichtigsten Deutschschweizer Kirchen die Kandidatur Locher unterstützten, wogegen die Kirchen der Innerschweiz, einige Ostschweizer und Nordwestschweizer Kirchen auf den Luzerner Kandidaten Weiss setzten.

Nach der erfolgreichen Wahl am 14.6. in Herisau durch die Abgeordnetenversammlung des SEK normalisierte sich im Verlauf des Jahres der Kontakt mit jenen Kirchen, welche die anderen Kandidaten unterstützt hatten.

Der Präsident des Synodalrats der Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn leitete im gleichen Jahr 2010 auch die nichtständigen AV-Kommission Finanzanalyse SEK, welche fristgemäss ihren Bericht erstellte und einige Empfehlungen abgab, welche in der Folge zur Umsetzung kamen (vgl. pdf).

Andreas Zeller

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