Geschichte und Bilanz des Kirchgemeindeverbandes das Kantons Bern (kgv)

Der Kirchgemeindeverband des Kantons Bern wurde am 20. Dezember 2003 gegründet und ist heute ein wichtiger Partner für den Kanton Bern und die Behörden der Landeskirchen. Mitglied im kgv sind 187 Kirchgemeinden, diese repräsentieren gut 90% der Kirchenmitglieder.

Die Aufgaben des kgv sind Teilnahme an Vernehmlassungen, Vorbereitung von Erlassen, Mitwirkung in Kommissionen, Kontaktpflege und Lobbying. Seine herausragende Leistung ist die gelebte Ökumene.

Die Gründung des Kirchgemeindeverbandes des Kantons Bern am 20. Dezember 2003 geht zurück auf die Präsidienkonferenzen 2002 des Synodalrates mit den Reformierten Kirchgemeinden. Eigentlicher Auslöser für die Gründung des Verbandes waren die damaligen Sparbemühungen des Kantons, an welche auch die Landeskirchen ihren Anteil zu leisten hatten.

An den Konferenzen mit den Kirchgemeinderatspräsidentinnen und Kirchgemeinderatspräsidenten orientierte der Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn über den geplanten Abbau von Pfarrstellen in den Kirchgemeinden. Dabei wurde auch die Frage aufgeworfen, ob eine Diskussion über die Löhne der Pfarrpersonen für die Kirche nicht sinnvoller wäre als ein nicht diskutabler Stellen- und damit Leistungsabbau. Der damalige Synodalratspräsident vertrat die Meinung, dass nicht die Kirche, sondern der Staat spare. Verstanden wurde, dass sich die Kirchgemeinden der Landeskirchen als Gegenüber des Staates organisieren müssen, wenn sie diesem auf Augenhöhe begegnen wollen.

Dies führte bereits ein gutes Jahr später zur Gründung des Kirchgemeindeverbandes – offenbar war die Zeit reif für einen solchen Schritt. Ähnliche Bemühungen in früheren Jahren hatten nicht zum Ziel geführt. Heute repräsentiert der Verband 187 Kirchgemeinden der drei Landeskirchen und damit mehr als 90% deren Mitglieder. Der Vorstand setzt sich aus Persönlichkeiten aus allen 3 Landeskirchen (ohne jüdische Gemeinde) zusammen und lebt damit ohne Differenzen und Konflikte eine zielgerichtete, praktische Ökumene. Naturgemäss sind die Anliegen der Gemeinden wenig konfessionell geprägt, was dem Verband gegenüber dem Staat quasi automatisch ein grösseres Gewicht verleiht.

Der Kirchgemeindeverband kennt keine individuelle Mitgliedschaft. Die Mitgliedschaft im Verband steht ausschliesslich den Kirchgemeinden der drei Landeskirchen und der jüdischen Gemeinde (welche verzichtete) offen. Die Mitarbeit im kgv wird demnach von Behördenmitgliedern der Kirchgemeinden geleistet und nicht von deren professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Zweck des kgv ist auch nach 10 Jahren die "Wahrung der Interessen der Evangelisch-Reformierten, der Römisch-Katholischen und der Christkatholischen Kirchgemeinden des Kantons Bern gegenüber dem Kanton sowie den kirchlichen Oberbehörden und Berufsverbänden". Der Verband ist deren Ansprechpartner in allen die Kirchgemeinden betreffenden Fragen.

Die Kirchgemeinden unterstehen der Aufsicht des Staates. Daher hat es sich der kgv zur Aufgabe gemacht, sich für optimale Rahmenbedingungen einzusetzen. Seine Mittel sind Teilnahme an Vernehmlassungen, Vorbereitung von Erlassen, Mitwirkung in Kommissionen und Gremien, Kontaktpflege und Lobbying.

Die kurze Geschichte des Kirchgemeindeverbandes des Kantons Bern darf aus heutiger Sicht als Erfolgsgeschichte gesehen werden. Er wurde in kürzester Zeit zu einem wichtigen und nicht zu übergehenden Player in der Kirchenlandschaft im Kanton Bern und zu einem verlässlichen Partner für Kanton und kirchlichen Behörden. Dass dabei zwischen kantonaler Ebene einerseits und Gemeinde-Ebene anderseits ab und zu unterschiedliche Interessen zu Tage treten, ist aus der Tagespolitik im Kanton Bern bestens bekannt. Dass diese Differenzen weitestgehend einvernehmlich geregelt werden können, ist nicht zuletzt auch ein grosses Verdienst des kgv.

Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen der Kirchgemeinden, für welche der kgv in der kurzen Zeit seit seiner Gründung zum Ansprech- und Dienstleistungspartner in vielen Belangen wurde, nicht zuletzt auch in juristischen Fragen.

Um ein (beschränkt repräsentatives) Bild zu erhalten, wurden einige reformierte Kirchgemeinden befragt, allesamt auch Mitglieder des kgv: je zwei auf dem Land, der Agglomeration und der Stadt. Aus den Rückmeldungen dieser naturgemäss kleinen Befragung wird vor allem deutlich, dass die ökumenische Ausrichtung des Verbandes geschätzt wird. Dies vor allem deshalb, weil hier die gemeinsamen Interessen im Vordergrund stehen und weniger theologische Differenzen: gelebte Ökumene, ohne wenn und aber, ohne Vorbehalte. Dies ist durchaus vergleichbar mit der Politik der Einwohnergemeinden: im Verhältnis zum Kanton operieren die Gemeinden häufig gemeinsam, trotz unterschiedlicher parteipolitischer Interessen. Ähnliches gilt auch für die Kirchgemeinden und deren Verband: verbindend sind die gemeinsamen Interessen und Anliegen, die gemeinsamen Sorgen, nicht aber trennende theologische Streitereien. Der gemeinsame Auftritt, die gemeinsame Interessenwahrnehmung der Kirchgemeinden im Kanton Bern, die praktisch gelebte Ökumene ist wohl auch aus einem einfachen Grund ein zentrales Anliegen der Gemeinden; es gibt keine andere Institution als den Kirchgemeindeverband, der dies tun könnte.

Es gibt aber nebst der Ökumene  durchaus auch noch andere erwähnenswerte Themen: juristische Beratung, finanzielle Beratung, Interessenvertretung, Lobbying und Kontaktpflege. Letzteres scheint für die Behörden der Kirchgemeinden besonders wichtig, da auch hier der kgv die einzige Möglichkeit bietet, dies in einem "geschützten" Rahmen tun zu können.

Sehr geschätzt werden auch die Mitwirkungen und Stellungnahmen des Vorstandes des kgv zu Umfragen oder Projekten des Kantons oder der Landeskirchen, ebenso die Hilfestellungen zur Umsetzung neuer Vorgaben und Vorschriften.

Trotz dieser positiven Beurteilung des kgv durch seine Mitglieder kann der Verband auch noch zulegen. Grob gesagt, von allem mehr: mehr Ökumene, dezidierteres Auftreten, noch bessere Kommunikation. Allerdings sind diese Anregungen auch widersprüchlich, denn immer wieder wird die Papierflut kritisiert, insbesondere diejenige der Reformierten Landeskirche. Gefragt wäre also eine kräftigere Kommunikation ohne Papier (auch nicht elektronisch), sondern, so ist die Anregung wohl zu verstehen, im direkten Kontakt.

Erwünscht wäre auch ein noch höherer Organisationsgrad der Kirchgemeinden, auf gegen 100%. Mitgliedschaft und Mitarbeit sind jedoch freiwillig und sollen dies auch bleiben. Dennoch, der Wunsch ist da und somit Auftrag an den Vorstand.

Zum Schluss geht nach 9 Jahren seit Gründung des Kirchgemeindeverbandes ein Dank an alle Stellen in Kanton und Landeskirchen und insbesondere auch an den Reformierten Pfarrverein für die gute und immer besser werdende Zusammenarbeit. Auf dieser Grundlage lassen sich die Kirchen getrost in die Zukunft führen.

Jürg Schönholzer
In Zusammenarbeit mit dem Vorstand des kgv