Kirche und Staat

Wenn es sich einmal um Trennung von Kirche und Staat handeln sollte, so müsste eine viel genauere Untersuchung der ökonomischen Verhältnisse unserer Kirchgemeinden veranstaltet werden. 1906

Im Rathaus wird manche kirchliche Frage behandelt, und zwar ist das auch während der letzten Berichtsperiode stets in wohlwollendem Sinne geschehen, so dass sich der aus ganz vereinzelten Berichten ertönende Ruf nach Befreiung von dem Joch der staatlichen Oberhoheit offen gestanden etwas komisch ausnimmt. 1920

Käme die Trennung von Kirche und Staat, so wäre eine der ersten sichtbaren Folgen die, das sich alle Organe der Kirchgemeinden in ungleich grösserem Umfange als jetzt mit Verwaltungssorgen beladen und plagen müssten. 1920

Der Gedanke an die Trennung [von Kirche und Staat] ist ganz unvolkstümlich. 1920

Für die Kirche erwächst daraus die überaus grosse und schwere Verantwortung, wirklich das lebendige Gewissen des Staates zu sein. 1940

Grundsätzlich muss eine Verbundenheit von Staat und Kirche nicht von vornherein ein innerer Widerspruch sein, sondern ist im Lichte des Evangeliums möglich, ja sogar natürlich. 1940

Es hat seine guten geschichtlichen Gründe, dass in manchen Kantonen der Schweiz Staat und Kirche sich voneinander getrennt haben. Aber es hat auch seinen guten geschichtlichen Grund, dass im Kanton Bern Staat und Kirche noch miteinander verbunden sind und diese Verbundenheit nicht als etwas bloss Überliefertes, Überlebtes, sondern als etwas tief und innerlich Begründetes festhalten. Der Staat bezeugt damit, dass er zu seinem Aufbau und Zusammenhalt der bindenden und bildenden Kräfte bedarf, die von der Verkündigung und Erziehung der Kirche ausgehen. Und die Kirche bezeugt damit, dass sie nicht um ihrer selbst willen da ist und sich erhalten will, sondern, ihres Zusammenhangs mit dem Volk und Staat, in die sie hineingestellt ist, bewusst, das, was ihr vom Evangelium her geschenkt und anvertraut ist, in den Dienst dieses Volkes und Staates zu stellen. 1940

Staat und Kirche wollen keines über das andere herrschen, sondern beide ihrem Volke dienen. 1940

Auch für den Staat sind bestimmte Gründe namhaft zu machen, die ihn veranlassen können, das Landeskirchentum beizubehalten: die Tradition, derzufolge der Berner von seinem Staat erwartet, dass er auch in religiöser Hinsicht etwas leiste, das Wächteramt der Kirche, dessen Ausübung dem Staate nicht gleichgültig sein kann, die christliche Erziehung der Jugend durch den kirchlichen Unterricht, der Einfluss der Kirche auf das öffentliche Leben, Kultur und Zivilisation. 1950

Offensichtlich ist das Verhältnis von Kirche und Staat im Kanton Bern heute so, dass niemand in der Kirche daran denkt, daran etwas zu ändern. 1960

Im Oktober 1991 erschien, verfasst von aussenstehenden Experten im Auftrage der bernischen Kirchendirektion der Bericht über "Staat, Kirche und Politik". Stark beachtet wurde jene Aussage im Bericht, wonach der Staat froh sein müsste über redliche Kritik; diese zeuge vom Mitdenken und Mittragen der Kirche. 2000

Der Grosse Rat hat, indem er vom Bericht "Staat, Kirche und Politik im Kanton Bern" in zustimmendem Sinne Kenntnis nahm, einen positiven Akzent zu den Beziehungen zwischen Kirche und Staat gesetzt. 2000