Nachkriegszeit

Der Kirchenbesuch hat durch den Krieg nachgelassen. 1950

Kennzeichen der Nachkriegszeit sind das Verlangen nach grösserer persönlicher und wirtschaftlicher Freiheit, nach möglichst uneingeschränktem Lebengenuss und hinter allem Betrieb und aller Festfreudigkeit versteckte Angst vor dem, was kommen könnte. 1950

Der Nachholbedarf, der sich mit Kriegsende zeigte, hat sich noch in verstärktem Mass auf die Volksfeste ausgewirkt. 1950

Die Welt von heute ist gekennzeichnet dadurch, dass sie zwar keinen Krieg, aber auch keinen Frieden hat. 1960

Im Gefühl der Ausweglosigkeit und der Ohnmacht hat man die Frage von Krieg und Frieden verdrängt. 1960

In unserer Situation zwischen Krieg und Frieden darf die Frage nicht verstummen: Was sollen wir tun? Die Gefahr besteht mächtig, dass man im Gefühl der eigenen Ohnmacht die Frage gar nicht zu erheben wagt. 1960

Einfache Anfrage des Synodalen Philippe Kneubühler an der Wintersynode 1997: Est-il prévu d'aborder la question de l'attitude de notre Eglise pendant la 2ème guerre mondiale et de faire un geste financier permettant d'éclairer cette période de notre histoire afin d'en tirer les leçonss pour le présent et le futur?

Der Synodalrat reagierte mit einem Auftrag an Dr. theol. Hermann Kocher. Der Berichterstatter kommt zum Schluss:

  • Die bernischen Kirchenbehörden scheuten sich, zum Nationalsozialismus (wie auch später zum Kriegsgeschehen) öffentlich Stellung zu nehmen. Stellungnahmen zum Antisemitismus und zur Judenverfolgung gaben sie nur zögerlich ab.
  • Aufgrund unterschiedlicher Wahrnehmung des deutschen Kirchenkampfes gerieten in der zweiten Hälfte der Dreissigerjahre in Bern die Theologische Arbeitsgemeinschaft bzw. der Evangelisch-theologische  Pfarrverein und der Synodalrat aneinander. Die einen erachteten den "status confessionis" gegeben, während der Synodalrat vor einer Einmischung in den deutschen "Kirchenstreit" warnte, dies aus Sorge um die Einheit des schweizerischen Protestantismus.
  • Im Zusammenhang mit der behördlichen Flüchtlingspolitik nahmen Synodalrat und Kirchensynode ihr kirchliches "Wächteramt" kaum wahr. Die flüchtlingspolitischen Maximen von Bundesrat und Eidgenössischer Fremdenpolizei wurden weitgehend akzeptiert. Der Synodalrat gelangte lediglich im Dezember 1938 an den Bundesrat mit der Forderung, verfolgten Christinnen und Christen jüdischer Herkunft vorübergehend Aufenthalt in der Schweiz zu gewähren.
  • Verantwortung vorerst gegenüber mehrheitlich judenchristlichen Flüchtlingen übernahm die Berner Kirche bereits ab 1936 mit der Gründung einer landeskirchlichen Flüchtlingshilfe. Ab 1940 wurde für deren Finanzierung der Flüchtlingsbatzen eingeführt. Den Schritt zur Betreuung jüdischer Flüchtlinge tat die Flüchtlingshilfe erst im Sommer 1942.
  • Betreuungsaufgaben an internierten Militärpersonen sowie an schweizerischen Rückwanderern nahm die Berner Kirche wahr. Eine breit gefächerte Flüchtlingsarbeit innerhalb des bernischen Protestantismus entwickelte die "Kreuzritter"-Bewegung um Gertrud Kurz. Dazu gehörten auch Interventionen zugunsten von Verfolgten bei politischen Behörden. Insgesamt ist die Flüchtlingsarbeit der reformierten Berner Kirche vergleichbar mit jener anderer Kantonalkirchen. 2000