Der Sonntag
Bei der Sonntagsheiligung wird vielfach noch das Festhalten an alter, guter Sitte gerühmt. 1878
Namentlich die Eisenbahnen, an welchen Sonntags wie Werktags unnachsichtlich musste gearbeitet werden, haben die alte Ehrerbietung gegen den Tag des Herrn schwer geschädigt. 1878
Besonders ist auch eine angemessene Rücksicht auf den Sonntag von Seiten derjenigen zu wünschen, welche das Militärwesen leiten. Da sind die Klagen schon alt, aber leider noch nicht veraltet. 1878
Mit der Sonntagsheiligung steht es ungefähr wie vor vier Jahren: ein beträchtlicher Teil des Volkes zu Stadt und Land weiss kaum mehr, was Heiligung des Sonntages ist. Das Ärgernis hat nicht in den untern Klassen begonnen, es kommt von oben. 1882
Für Bemühungen zu Gunsten der Sonntagsheiligung erntet man vielfach, sogar in der Presse, Spott und Hohn. 1882
Es bleibt im Sonntagskleid der Werktagssinn. 1886
Die Haupthindernisse einer christlichen Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung sind entschieden die endlosen Feste, die Eisenbahnen mit ihren billigen Sonntagsbilleten und Vergnügungszügen, und die Unzahl von Wirtschaften, von denen die vielen überflüssigen, um notdürftig bestehen zu können, gerade den Sonntag zu ihrem Haupteinnahmetag machen und auf diesen Tag stets neue Feste, neue Zusammenkünfte, neue Vergnügungen um die Wette anzustellen trachten, um Gäste herbeizulocken. 1886
In einer bernischen Gemeinde werden während des Morgengottesdienstes ungescheut Gemeindeversammlungen abgehalten. 1886
Die Sonntagsbummler aus den Städten bringen viel Störung in die Sonntagsruhe der Dörfer. 1886
Der Synodalrat soll bei den Staatsbehörden auf strengere Handhabung der bereits bestehenden und, wo es not tut, auf Aufstellung neuer, schärferer Gesetzesbestimmungen dringen, um den ärgerlichen Störungen der Sonntagsruhe Einhalt zu tun. 1886
Mit dem Sonntag steht und fällt die Kirche. 1886
Die Bewegung für Sonntagsruhe, welche in den Ratsäälen schöne Erfolge errungen hat und überhaupt in höheren Kreisen Interesse erweckt, ist nicht bis in die Tiefe gedrungen. 1890
Die Eisenbahnunternehmer kennen keinen Sonntag. 1890
Die Holzstofffabriken wissen auch nichts vom Sonntag. 1890
Eine vor Jahren vom Sonntagskomitee veranstaltete Untersuchung ergab das Resultat, dass während des Sonntags in Bern 37% der Verkaufsläden offen stehen. Bemühungen, z.B. dem Stande des Coiffeurs zur Sonntagsruhe zu verhelfen, ermangelten des gewünschten Erfolges. 1894
Einzelne Bahnverwaltungen leisten der Sonntagsentheiligung durch Gewährung von extra ermässigten Preisen ohne alle Bedenken Vorschub. 1894
Für nicht Wenige unterscheidet der Sonntag sich von einem andern Tag hauptsächlich dadurch, dass sie an einem Sonntag früher betrunken sind, als an einem Werktag. 1894
So darf man wohl im Grossen und Ganzen von der Beobachtung der äusseren, gesetzlichen Sonntagsruhe, d.h. von einem Ruhenlassen der täglichen Arbeit reden, wenngleich die Sonntagsarbeit gewisser Fabriken, sowie namentlich das schlechte Beispiel italienischer Arbeiter, vielerorts ansteckend zu wirken droht. Dagegen scheint die innere, bewusste Sonntagsheiligung, die Pflege des geistlichen Menschen in uns am Tage des Herrn, je mehr und mehr zu den Seltenheiten zu gehören. 1894
Das Heuen, Ernten und Wäschetrocknen hin und wieder an einem Sonntag gehört bald einmal zu den unschuldigsten Formen der Entheiligung. 1894
Grosse Offiziersversammlungen beginnen ihre Sitzungen sogar während des Gottesdienstes, dann kommen die militärischen Schiessübungen, die Feuerwehrübungen am Sonntag Vormittag, Zeichnungs- und andere Fortbildungsschulen gewerblicher Art, die Vereine mit ihren Ausfahrten, vielerorts sogar Burger- und Gemeindeversammlungen. 1894
Ganz besonders aber wird geklagt über die Sonntagsbummler aus den Städten. 1894
Die Viehmärkte in Erlenbach, Reichenbach und Frutigen werden jeweilen an Sonntagen, bisweilen sogar an Abendmahlssonntagen, abgehalten. 1894
Von mehreren Seiten wird ein neues, schärferes Sonntagsgesetz verlangt. Doch würden unseres Erachtens die zu Recht bestehenden Sonntagsgesetze gegen grobe Sonntagsentheiligung oder massliche Störung des öffentlichen Gottesdienstes einstweilen genügend Schutz bieten, wenn dieselben von den Behörden energisch und konsequent gehandhabt würden. 1894
Man mag nun im Interesse einer besseren Sonntagsheiligung so oder anders vorgehen, so viel bleibt sicher, dass der Kirche hier eine wichtige und ernste Aufgabe zu erfüllen obliegt. 1894
Jeden Sonntag ist in einer für jeden leicht erreichbaren Distanz etwas los. 1898
Eine Behörde kündigt im "Anzeiger" am Ostertag, zur Stunde des Gottesdienstes, eine Steigerung an. 1898
Der Tag des Herrn wird mehr und mehr zu einem bloss weltlichen Vergnügungstag. 1898
Sozialdemokratische Vereine legen ihre Sitzungen mit Vorliebe auf Sonntag während des Gottesdienstes. 1898
[Fremdenverkehr] In der Vorsaison kommen allerlei Gesellschaften von nah und fern und bringen lärmende Störung in den Sonntagsfrieden der stillen Bergwelt. 1902
[Viehmarkt im Simmental]: Die Kirche bleibt leer, und die Wallfahrt der Andächtigen strömt dem Viehmarkt zu. 1902
Die Festseuche ist zu einer chronischen Krankheit geworden. 1902
Der Ladenschluss ist auf dem Lande schwer durchzuführen. 1902
Sehr fatal ist es, dass gewisse Industrien, auch landwirtschaftliche, wie z.B. die sonst sehr wohltätige Zuckerfabrik Aarberg, wegen der Art ihres Betriebes, der, wie es scheint, keine Unterbrechung erleiden darf, monatelang zur Sonntagsarbeit verurteilt sind, wodurch natürlich wieder eine ganze Menge von Angestellten um ihre so nötige Ruhe nach beschwerlicher Arbeit gebracht werden. 1902
Der Fabrikarbeiter hat am Sonntag Vormittag so viel zu schaffen, was er während der Woche, da er morgens bei Zeiten von seiner Familie wegzog und abends kaum vor 8 Uhr heimkehrte, nicht tun konnte. Wie wohltätig würde da die Einführung des freien Samstagnachmittags in den Fabriken und Werkstätten wirken. 1902
Dem Fabrikarbeiter wie dem Handwerker, dem Bureaulisten wie dem Gewerbsmann ist es wohl zu gönnen, wenn er nach des Werktags Last und Hitze am Sonntag ausspannen darf; wer wollte auch den Städter in den dumpfen Mauern und den düsteren Strassen zurückgehalten, wenn draussen der goldene Sonnenschein sich lagert über Flur und Au. 1902
Die grossen Anstrengungen der Vereine zur Förderung der Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung verdienen den höchsten Dank. 1902
Die Fremdenindustrie schadet ganz besonders der Sonntagsheiligung. 1906
So herrscht die bunteste Mannigfaltigkeit [in der Abendmahlspraxis] im Kanton, was namentlich für die Frage des polizeilichen Schutzes der sogenannten "heiligen Sonntage" bedenklich zu werden droht. 1906
Die schwierigste Frage ist überall die des sonntäglichen Landenschlusses. 1906
[Lötschbergbahn] Der Sonntag bringt die Scharen der Ausflügler, alle sieben Tage. Ohne Unterbruch rollen die Kohlenzüge. 1920
Diejenigen Schichten der Bevölkerung, an denen gerade die Landeskirche in ihrer Eigenschaft als Missionskirche eine grosse Aufgabe zu erfüllen hätte, werden an schönen Sonntagen durch Extrazüge, Autofahrten und dergleichen scharenweise dem Gottesdienst entzogen. 1930
In ihren Ursachen hängt die ganze Sonntagsunruhe wie der Vergnügungshunger überhaupt eng zusammen mit der Ratlosigkeit des Erwerbslebens, das auf all seinen Gebieten die schlimmste Sklaverei ausübt. 1930
Wenn wir vom Dienste reden, den die Landeskirche zur Volkserholung beitragen kann, dann steht im Zentrum dieses Dienstes die Erziehung zu einer evangelischen Auffassung und Verwendung des Sonntags. 1940
Mit Verbieten und Klagen, Protesten gegen Extrazüge und Länderwettspiele ist nicht viel getan. Der Sonntag muss nicht geleert werden von seinem törichten und schmerzenden Vergnügungsrummel und allen seinen lockenden Gelegenheiten, sondern neu gefüllt werden vom Glauben her. 1940
Ein betrübliches Kapitel ist die Respektlosigkeit, mit der militärische Kommandostellen den Sonntag behandeln. 1940
Die Sonntagmorgengottesdienste dürfen unter keinen Umständen ausfallen, weil sonst alle diese gesetzlichen Sonntagsschutzbestimmungen illusorisch würden. 1950
Verschiedene Bezirkssynoden führen seit Jahren einen hartnäckigen Kampf um die Schliessung der Verkaufsläden an den Adventssonntagen. 1950
Die kirchlichen Instanzen dürfen nicht erlahmen und müssen trotz aller Widerstände den Kampf um den Sonntag immer wieder neu aufnehmen. 1950
Es sind Bemühungen im Gange, die Abendmahlssonntage von Tanzanlässen freizuhalten. 1950
Es ist gut, wenn die Kirche um ihren Sonntag kämpft. 1960
Mehr und mehr ist die Fünftagewoche verwirklicht worden. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass der freie Samstag den Sonntag entlaste. 1960
Der Sonntag will genossen werden. Diese Tatsache wird schmerzlich zur Kenntnis genommen. 1980