Die Bekenntnisfrage

Der Wunsch nach Formulierungen eines Glaubensbekenntnisses wird nicht verstummen, solange unsre Landeskirche kein solches kennt. 1930

Die Einigung der Leitenden auf ein Bekenntnis würde dem weiten Offenstehen der Kirche keinen Abbruch tun und wäre doch vielleicht geeignet, allen und allem Halt zu geben. 1930

Ob es uns gelingen würde, eine Formel zu finden, die der Offenheit der Kirche entspräche und dennoch einen wirklichen lebendigen Inhalt hätte, ist allerdings sehr fraglich, und der Zeitpunkt, diese Formel zu suchen, scheint uns heute noch nicht gekommen zu sein. 1930

Gerade das nach allen Seiten Offenstehen, das nach allen Seiten Wirkenwollen setzt doch eigentlich voraus die Ausgabe einer klar verständlichen, für die Arbeit der Kirche wegleitenden und verbindlichen Parole. Auch die Parole ist ein Bekenntnis. 1930

Es gehört zum Bedeutsamsten im Evangelium, dass Jesus selbst von seiner engsten Jüngerschar kein formuliertes Bekenntnis gefordert, sondern sie in aller Freiheit an sich gebunden hat. Wir halten deshalb dafür, dass unsre Kirche recht tut, wenn sie die Zugehörigkeit zu ihr und erst recht zu Jesus Christus nicht an ein ausdrückliches Bekenntnis bindet, sondern, im Unterschied zu den meisten andern christlichen Kirchen, eine bekenntnisfreie Kirche bleibt, bekenntnisfrei nicht in dem Sinne, dass sie bekenntnislos wäre. 1940