Gespräch zu: Ordination – eine Frage die bewegt

Teilnehmerinnen des Gesprächs

Agathe Stotzer, Primarlehrerin Oberstufe, absolvierte den ersten neu konzipierten Lehrgang der katechetischen Ausbildung der Berner Kirche, Abschluss mit Diplom 1987, arbeitet seit 1994 in der Kirchgemeinde Schüpfen; aktiv im Verein der reformierten bernischen Katechetinnen/Katecheten (VeK), u.a. beteiligt am Leitbild KatechetIn (2008).

Barbara Rudolf, absolvierte in Zürich die Ausbildung zur Kirchlichen Mitarbeiterin (Akim) und in Bern den Theologiekurs, arbeitet seit 1998 als Sozialdiakonin in der Berner Kirchgemeinde Matthäus, wurde 2007 ordiniert; Synodale seit 2006 (Gruppe Offene Synode).

Am Samstag, 27. Oktober 2012, werden Katechetinnen und Katecheten des Berner Kirchengebietes erstmals feierlich beauftragt. Was bedeutet das für Sie?

Agathe Stotzer, Katechetin: Mit dieser Feier im Berner Münster werden wir Katechetinnen und Katecheten offiziell in unser Amt eingesetzt und bevollmächtigt, zu unterrichten. Zwar sind wir den Pfarrerinnen und Pfarrern nicht gleichgestellt, unsere Tätigkeiten gelten aber als gleichwertig. Die Beauftragung bewirkt, dass die Katechetinnen und Katecheten besser wahrgenommen werden.

Ist dies das Happyend einer unendlichen Geschichte?

Agathe Stotzer: Absolut nicht. Noch sind viele Punkte nicht verbindlich geregelt. Die Feier ist eine Anerkennung, endlich! Seit ich 1987 die Katechetenausbildung abgeschlossen habe arbeite ich in diesem Beruf...

...und nun lassen Sie sich in Ihrem 25. Berufsjahr beauftragen?

Agathe Stotzer: Eigentlich brauche ich das heute nicht mehr. Ich bin immer noch wütend, dass es mit dieser Anerkennung so lange gedauert hat, dass es noch immer kein Leitbild für unseren Beruf gibt, obschon wir 2008 der Kirchenleitung einen Leitbild-Vorschlag einreichten. Ich verstehe Kolleginnen mit langer Berufserfahrung, die sagen: "Jetzt will ich diese Beauftragung auch nicht mehr." Ich selber lasse mich zur beruflichen Absicherung beauftragen: Sollte ich je eine neue Stelle suchen müssen – was nicht zu erwarten ist –, wäre die Beauftragung sicher nützlich.

Auch die Anerkennungsgeschichte der Sozial Diakonischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (SDM) nahm einen eigenwilligen Verlauf: Sie führt über die freiwillige Ordination bis 2007, ein mehrjähriges Moratorium bis zur ersten gemeinsamen Beauftragung von Katechetinnen/Katecheten und SDM im Oktober...

Barbara Rudolf, Sozialdiakonin: Die SDM wurden vom Synodalrat regelmässig angefragt, ob sie sich ordinieren lassen möchten. 2007, im neunten Jahr meiner Anstellung, war ich dazu bereit: Jetzt fühlte ich mich in meiner Kirchgemeinde beheimatet.

Agathe Stotzer: Angefragt? Eingeladen? So etwas ist uns Katechetinnen/Katecheten nie passiert. Die Ordination wurde für uns erst mit dem Moratorium 2007 richtig zum Thema, als uns bewusst wurde: Die SDM werden ordiniert, wir nicht.

Barbara Rudolf: Von den knapp 150 SDM im Berner Kirchengebiet sind 16 ordiniert. Auch die von der Synode 2011 neu beschlossene Beauftragung wollen viele SDM gar nicht. Vielen ist es fremd, ein Gelübde abzulegen und an einer Liturgie teilzunehmen, zu der sie nichts zu sagen haben. Beides sind heisse Themen. Mit meiner kirchlichen Ausbildung bin ich im Kanton Bern keine "typische" SDM. Ich kann verstehen, dass die Kirche die Loyalität ihrer Angestellten will – und doch verzichtet sie auf die Ordination für SDM, wie dies etwa im Aargau gemacht wird.

Heisst das, dass Ihre Kollegen / Kolleginnen sich nicht beauftragen lassen?

Barbara Rudolf: Nein. Aber viele stehen unter Druck und vor einem Dilemma: Wer vom Synodalrat nämlich nicht beauftragt ist, zählt laut Kirchenordnung zu den "weiteren" kirchlichen Mitarbeitenden und hat, zum Beispiel, keinen Anspruch auf Weiterbildung. Zwar kann das jede Kirchgemeinde autonom handhaben. Aber es besteht die Angst, dass es bald zwei Klassen von SDM gibt: die beauftragten und die nicht beauftragten Sozialdiakoninnen/Sozialdiakone, wie die Berufsbezeichnung neu lautet.

Was ist mit der Beauftragung dieser beiden Berufsgruppen erreicht?

Agathe Stotzer: Sie verpflichtet uns, im Rahmen der Kirchlichen Unterweisung (KUW) das Evangelium zu verkünden. Katechetinnen und Katecheten sind also auch auf der theologischen Ebene verantwortlich und dürfen Konfirmationen durchführen, wir sind ja methodisch-pädagogisch ausgebildet. Damit sind unsere im Leitbild-Entwurf formulierten Forderungen jedoch noch nicht vollumfänglich erfüllt. Immerhin sieht die neue Verordnung über gottesdienstliche Handlungen (21. Juni 2012) vor, dass der Kirchgemeinderat Taufe und Abendmahl an Katechetinnen und Katecheten übertragen kann.

Barbara Rudolf: Die Beauftragung führt bei den SDM vielleicht dazu, dass sie sich stärker für ihre Besserstellung einsetzen, sich zum Beispiel in der Synode engagieren und dafür in den Kirchgemeinden mehr Ressourcen erhalten.

Haben die langen Diskussionen und die nun beschlossene Beauftragung den Alltag verändert?

Agathe Stotzer: Manchmal denke ich, es hat sich wenig geändert, wenn ich von Kolleginnen höre, dass sie Konfirmationsfeiern sowie Gottesdienste mit Abendmahl nur zusammen mit Pfarrpersonen gestalten können. Viele werden nicht an die Sitzungen des Kirchgemeinderates eingeladen...

Barbara Rudolf: ...die Mitsprache ist in der Kirchenordnung nun geregelt: Alle drei Ämter haben Mitspracherecht. Wir haben leider vergeblich dafür gekämpft, dass die SDM wie die Pfarrerpersonen und Kirchgemeinderätinnen und Kirchgemeinderäte verantwortlich sind für die Leitung der Gemeinde. Die Zusammenarbeit steht und fällt mit den beteiligten Personen. 

Sind Katechetinnen/Katecheten eine Konkurrenz für Pfarrerpersonen?

Agathe Stotzer: Oft habe ich das Gefühl, Pfarrerinnen und Pfarrer meinen, wir wollten ihnen etwas wegnehmen. Ich kenne Pfarrer, die völlig dagegen sind, dass Katechetinnen taufen und konfirmieren und Jugendliche seelsorgerlich begleiten. Glücklicherweise erfahre ich das in meiner Kirchgemeinde nicht so, ich bin im Pfarrteam voll integriert.

Das Moratorium wurde 2007 damit begründet, Synodalrat und Synode müssten ihr Ämterverständnis zuerst definieren, bevor sie Mitarbeitende dafür ordinieren oder beauftragen könnten. Was hat dieser Prozess gebracht?

Barbara Rudolf: Klarheit! Die Gleichwertigkeit von katechetischem Amt, sozialdiakonischem Amt und Pfarramt ist eine grosse Errungenschaft.

2007 sollten die Katechetinnen/Katecheten erstmals ordiniert werden, doch im Sommer beschloss die Synode ein Moratorium, und die Katechetinnen und Katecheten wurden ausgeladen. Wie ist Ihr Verhältnis heute gegenüber Synodalrat und Synode?

Agathe Stotzer: Die Profis und die Laien machen ihre Arbeit gut! Ich bin nicht auf die Behörden hässig, aber darauf, dass die Berner Kirche so lange Katechetinnen und Katecheten ausgebildet hat, ohne zu wissen, wozu.

Wenn die Beauftragung nicht das Happyend der Geschichte ist, was fehlt noch?

Barbara Rudolf: Eine Liturgie der Beauftragung, mit der alle gut leben können. Die Liturgie ist jetzt für zwei Jahre provisorisch in Kraft, danach soll sie überarbeitet werden: Gibt es Handlungsspielraum, können wir mitreden?

Agathe Stotzer: Ein Leitbild und eine verbindliche Besoldungsordnung, damit Katechetinnen und Katecheten im ganzen Kirchengebiet gut entlöhnt werden. Den Kirchgemeinden muss bewusst gemacht werden, dass es gemäss Kirchenordnung nun drei Ämter gibt.

Gerlind Martin

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