1899 – 1902 Gottlied Ris

Bericht über das religiöse, kirchliche und sittliche Leben der bernischen Landeskirche in den Jahren 1898 – 1902. Im Namen des evangelisch-reformierten Synodalrates erstattet durch G. Ris, Pfarrer in Worb, 216 Seiten.

Aus den 204 Gemeinden sind insgesamt 201 Berichte als Grundlage für den siebenten Vierjahresbericht beim Synodalrat eingetroffen. Wie dies schon beim sechsten Bericht der Fall war, so hält sich auch diesmal der Autor im Aufbau an die Fragen des Synodalrates, die wörtlich zitiert werden. Es erübrigt sich demnach zu wiederholen, was mit den vorausgehenden Berichten bereits bekannt geworden ist. Tatsächlich erweist sich eine Vierjahresperiode als zu kurz, um viel Neues zu berichten. Dennoch ist die Berichterstattung mit 215 Seiten einmal mehr ausführlicher herausgekommen, als dies nötig gewesen wäre.

Das religiöse Leben, so auch hier der erste Abschnitt, bewegt sich in den üblichen Bahnen der damaligen Zeit. Die Landesteile kommen in detaillierter Beschreibung zum Zuge, und was aus den Gemeinden an Ereignissen gemeldet wird, findet getreulich aufgezählt die gebührliche Beachtung. Für einmal geht der Bericht sogar über die Grenzen der Schweiz hinaus und blickt nach Südafrika, Österreich und China. Als besonderes Ereignis hält die Einweihung des Bundeshauses Einzug auch in einen kirchlichen Bericht. Die erstmals erwähnte Christliche Wissenschaft von Miss Eddy als aus Amerika importierte Theorie figuriert noch unter dem Stichwort des hier üblichen "Gesundbetens".  Die Anstrengungen zur Hebung und Stärkung des religiösen Lebens können als eindrücklich bezeichnet werden. Intakt ist auch das Ansehen der Kirche. Was sich nach aussen als unkirchlich gibt, will mindestens nach innen nicht als antikirchlich erscheinen. Die Ausführlichkeit der gesamten Berichterstattung kommt auch den ausserkirchlichen Gemeinschaften und Sekten zu gute. Die Zahl der Gemeinschaften und Sekten ist gross, der Schaden, den sie der Kirche zufügen, hingegen nach wie vor gering. Eindrücklich stellt sich auch in diesem Bericht die Vielfalt der landeskirchlichen Tätigkeit dar an Gottesdiensten, Unterweisung, Seelsorge, Taufe, Abendmahl und Sonntagschule. Erneut interessiert sich der Synodalrat, wie es um den Kirchengesang stehe, lobt die Erfolge der Organistenkurse und lässt sich darüber ins Bild setzen, was an Investitionen für kirchliche Gebäulichkeiten getätigt und was für kirchliche Liebestätigkeit gespendet worden ist. Breiter Raum wird den sozialen Einrichtungen im Kanton Bern gewidmet, weil sich der Berichterstatter dabei auf die Jahresberichte der entsprechenden Institutionen stützen kann.

In Bezug auf das sittliche Leben wird gefragt nach Arbeitsfreudigkeit und Nächstenliebe. Als bedenklich werden Luxus aufgeführt, Klatsch und Afterreden, das Nachtschwärmen der Jugend und Tierquälerei. Ernsthafter wiederum wird der Ton, wenn es um Armut, Alkoholismus und die soziale Frage geht. Der Bericht mündet aus, wie dies die Fragen des Synodalrates so auch wollen, mit der Berichterstattung über das Familienleben, Eltern und Kinder, eigene und verdingte.

Dieser siebente Bericht gilt den Jahren der Jahrhundertwende. Die Kirche weiss sich verpflichtet, für uns und unser Volk mit erhöhter Treue, mit neugestärktem Glauben, mit unermüdlicher Kraft der Liebe Tag für Tag einzutreten. Die Gegenwart gehört uns und fordert uns, heisst es am Schluss, und für die Zukunft arbeiten und beten wir; ihre Gestaltung liegt in Gottes Hand.

Es folgen wie üblich im Anhang die Liste der Kirchenbehörden, Synode, Synodalrat und Prüfungskommission, sowie die kirchliche Statistik.

Der Verfasser des Berichtes, Gottlieb Ris, war Pfarrer in Worb, Synodeabgeordneter und Mitglied des Synodalrates.