1961 – 1970 Postulatenkommission
Jahrzehnt – Bericht 1961 – 1970 über die Evangelisch-Reformierte Kirche des Kantons Bern erstattet durch die Postulatenkommission, 195 Seiten.
Der sechste Jahrzehntbericht trägt als einziger in der bisher erschienenen Reihe keinen Titel. Er ist auch anders als die anderen entstanden. Nach wie vor zwar war es der Synodalrat, der die Kirchgemeinden befragt hatte über deren Organisation und Tätigkeit, deren Erfolge und Probleme. Die Auswertung der mit wenigen Ausnahmen grossmehrheitlich eingetroffenen Antworten wurde indessen erstmals nicht einem Einzelnen, sondern der von der Synode bestellten Postulatenkommission übertragen. Diese verteilte die Berichterstattung zu den vom Synodalrat gestellten Fragen und deren Antworten auf die Kommissionsmitglieder. Sie war sich dabei bewusst, dass damit die Berichterstattung möglicherweise an Einheitlichkeit etwas einbüssen könnte, glaubte aber, dass sie an Objektivität gewinnt. Als abschliessendes Votum formulierte die Kommission, nunmehr wieder als Ganze, insgesamt 17 Postulate, deren fünf das Pfarramt und die Pfarrerschaft betrafen, drei das Abendmahl, sechs die Kirchgemeinde und ihre Organe, und die letzten drei weitere Aufgaben, das eine in Bezug auf Alters- und Pflegeheime, das andere auf die kirchliche Jugendarbeit und das dritte auf Presse, Film, Radio und Fernsehen.
Zwei Aufmerksamkeiten des Berichtes verdienen es, besonders hervorgehoben und gewürdigt zu werden. Die erste betrifft den Jura und Solothurn. Die vom Synodalrat gestellten Fragen werden nicht im Rahmen des Gesamtberichtes, sondern für den Synode jurassien und die solothurnischen Gemeinden je einzeln und gesondert beantwortet.
Die andere Aufmerksamkeit betrifft die Zweisprachigkeit unserer Kirche. Jedem in auf Deutsch abgefassten Kapitel der Berichterstattung ist ein kurzes Resumé in französischer Sprache beigefügt. Der Bericht aus dem Jura ist als Ganzer ist französisch abgefasst, entsprechend fehlt auch hier nicht die kurze Zusammenfassung in deutscher Sprache. Die Fragen als solche werden vom Bericht als wie selbstverständlich sowohl auf deutsch wie auf französisch publiziert. Das Gleiche gilt am Schluss für die bereits erwähnten 17 Postulate. Im Detail ist es nicht möglich, hier auf ein paar kurzen Zeilen die umfangreiche Berichterstattung zusammen zu fassen. Immerhin lässt sich anhand der Fragen aufzeigen, welche Bereiche der kirchlichen Tätigkeit besondere Erwähnung haben finden sollen. Es sind dies: Die Entwicklung der Kirchgemeinden, die Entwicklung der kirchlichen Ämter, die Mittel der Verkündigung, die kirchlichen Handlungen, die Sozialarbeit, die kirchlichen Organe, die Beziehungen zu anderen Behörden und Organisationen, die Beziehungen zu anderen Kirchen und Gemeinschaften, die Geldmittel der Kirchgemeinden, die kirchlichen Räume, und schliesslich auch die Zukunft. Da wird eine Zunahme des Pfarrermangels erwartet, und gleichzeitig erhofft man sich durch die vermehrte Anstellung von Sozialarbeitern, von Gemeindehelferinnen und Gemeindehelfern eine Belebung der kirchlichen Arbeit. Zur Sprache kommen im Blick auf die Zukunft die regionale Zusammenarbeit und zu guter Letzt die Erfahrungen, die mit dem damals vorübergehend in Kraft gesetzten Experimentierartikel der Kirchenordnung gemacht worden sind.
Wer den Bericht mit den bisherigen vergleicht, wird sich ernsthaft fragen: Wo ist hier die öffentliche Präsenz der Kirche geblieben, ihre Aufmerksamkeit für die Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens? Es muss nicht erstaunen, wenn der bald einsetzende politische Aufbruch der späten Sechziger- und beginnenden Siebzigerjahre auch die Kirche in die Turbulenzen der Wirklichkeit zurückholen wird.
Im Anhang publiziert die Kommission einen Bericht der Evangelisch-theologischen Fakultät sowie Kurzberichte von Werken und Vereinen. Auf besonderes Interesse wird auch damals die den Bericht abschliessende kirchliche, beziehungsweise konfessionelle Bevölkerungsstatistik des Kantons Bern gestossen sein.
Die Postulatenkommission war seinerzeit eine Kommission der Synode. Autorin und Autoren des Jahrzehntberichts waren die Mitglieder dieser Kommission:
- Walter Ammann, pasteur (président)
- Hans Batzli, Pfarrer, Biberist
- André Berhoud, fondé de pouvoir, Biel
- Paul Binz, Lehrer, Solothurn (bis 1971)
- Christian Blaser, Theologe, Gwatt/Bern
- Walter Gfeller, Pfarrer, Burgdorf
- Willy Grütter, Dr. phil. nat., Bern
- Hans König, Professor, Dr. med. vet., Uettligen
- Ernst Kürsener, Sekundarlehrer, Gerlafingen (bis 1971)
- Alfred Loosli, Pfarrer, Bargen
- Nelly Michaelson-Hofer, Fürsprecherin, Biel (bis 1971)
- Eduard Moser, Kaufmann, Hilterfingen
- Hans Heinrich Münger, Pfarrer, Bern (Vize-Präsident)
- Max Reber, Fabrikant, Bern
- Jean Schwalm, pasteur, Moutier