1991 – 2000 Alfred Rentsch
Unterwegs ins 21. Jahrhundert | Die Kirche als offene Such- und Weggemeinschaft
Jahrzehntbericht 1991 – 2000. Ein Bericht des Synodalrates "über Leben, Tätigkeit und Probleme der Kirchgemeinden, der kirchlichen Bezirke und der Kirche" (KO Art. 174 Abs. 3) Verfasser: Alfred Rentsch, alt Synodalrat Pieterlen, 45 Seiten.
Für den letzten Jahrzehntbericht des 20. Jahrhunderts entschied sich der Synodalrat, die Entwicklung der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn als Landeskirche in grösseren systematischen Zusammenhängen und im allgemeinen gesellschaftlichen Kontext untersuchen und beschreiben zu lassen. Es entspricht der Kirchenordnung, wonach der Synodalrat Rechenschaft abzulegen hat nicht nur über Leben, Tätigkeit und Probleme der Kirchgemeinden und Bezirke, sondern auch der Kirche als Ganzes.
Der Autor konzentrieret sich deshalb auf die Berichte, die der Synodalrat alljährlich der Synode vorgelegt hatte, ging überhaupt die Geschäfte der Synode nochmals durch, soweit sie sich in den Vorlagen und Protokollen schriftlich niedergeschlagen hatten. Er konsultierte die Synodalratsprotokolle, vergegenwärtigte sich Sitzungsunterlagen, Berichte, Botschaften und Publikationen des Synodalrates der letzten zehn Jahre, die ihm im übrigen bekannt waren, da er als Mitglied des Synodalrates die Entwicklung der Kirche miterlebt hatte.
Zur Berichterstattung trifft er eine Auswahl von insgesamt 21 Kapiteln. Der eine Themenbereich betrifft Wesen und Auftrag der Kirche. Sie ist zum Dienst am Evangelium berufen und versteht sich als offene Such- und Weggemeinschaft, in der Verkündigung offen im Hören auf Gottes Wort, in der Seelsorge offen für die Anliegen und Nöte der Menschen, und im gesellschaftlichen Engagement offen für die Herausforderungen der Zeit. Auch sie sucht als Kirche wie wir Menschen überhaupt den rechten Weg zu finden, ist zusammen mit anderen Kirchen und Religionen weltweit und auch hierzulande unterwegs. Weisen lässt sie sich den Weg durch Jesus Christus, zu dem sie sich gemäss Verfassung bekennt. Dabei ist neben der Verfassung die Kirchenordnung eine wichtige Grundlage für die Erfüllung des kirchlichen Auftrages. Der neuen Kirchenordnung von 1990 ist deshalb eigens ein Kapitel gewidmet.
Eine andere Gruppe ausgewählter Themen handelt von wiederkehrenden Aufgaben, die auch in früheren Jahrzehnten Gegenstand der Berichterstattung waren, so das Gespräch der Kirche mit den Gemeinschaften und Freikirchen, die diakonische Tätigkeit, das seelsorgerliche Angebot durch die Pfarrämter, aber auch Spezialseelsorge wie Spital-, Heim- und Gefängnisseelsorge, Hörbehinderten- und Notfallseelsorge, Dienst in Tourismus und Gastgewerbe, Kurpastoration, Ehe- und Familienberatung. Wiederkehrend auch die Berichterstattung über die Heimstätten Gwatt und Sornetan. Besondere Erwähnung findet das Ringen der Synode um eine angemessene Form von gottesdienstlichen Feiern für Menschen in besonderen Lebenslagen, die es der Pfarrerschaft im Einvernehmen mit dem Kirchgemeinderat ermöglicht, auch Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anzubieten und durchzuführen.
Unter dem Gesichtspunkt, dass es auch immer spezielle Ereignisse zu erwähnen gibt, wählt der Berichterstatter aus dem Dezennium aus: Die Volksabstimmung im Kanton Solothurn mit dem Ergebnis, dass die Gemeinden des oberen Kantonsteils bei der Berner Kirche bleiben wollen, die Neuordnung der kirchlichen Unterweisung und damit die Einführung der KUW, das neue Kirchengesangbuch, das 1988 beschlossen wurde und 1998 erfolgreich eingeführt werden konnte, schliesslich die Urnenabstimmung, die den Ausländerinnen und Ausländern in der Kirche das Stimmrecht gab. Die gesamtkirchlichen Dienste wurden einer umfassenden Reorganisation unterzogen. Abgeschlossen und in Kraft gesetzt wurde diese zwar erst im Jahre 2003, die Vorarbeiten aber beschäftigten Synode und Synodalrat während Jahren, denn die Veränderungen waren massiv. Der Bildungsbereich des Gwatt wurde nach Bern verlegt und in die gesamtkirchlichen Dienste integriert, neu musste der Bereich Theologie aufgebaut werden, nicht zuletzt infolge der Aufhebung des Zweiten Vollamtes im Synodalrat, der ohnehin von 9 auf 7 Mitglieder reduziert wurde, und schliesslich galt es, dieser ganzen Reorganisation die rechtliche Grundlage zu geben in der Kirchenordnung und, wie von der Synode verlangt, durch eine neue Geschäftsordnung mitsamt dem entsprechenden Leitbild für den Synodalrat und die gesamtkirchlichen Dienste. In der Pfarrerausbildung wurde, auch das eine Neuerung, das praktische Semester eingeführt und das Lernvikariat von neun auf zwölf Monate verlängert.
Was die Präsenz der Kirche in der Gesellschaft anbelangt, so hebt der Bericht als Schwerpunkte die Leistungsbilanz vom Februar 2000 hervor, die aufzeigt, welche Leistungen mit welchem zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand die Kirche für die Gesellschaft erbringt, betont die Bedeutung der Partnerschaft von Kirche und Staat sowie die intensiv betriebene Öffentlichkeitsarbeit.
Im Anhang werden die während der Berichtsperiode in der Schriftenreihe des Synodalrates publizierten Bücher und Broschüren vorgestellt, und ganz zuletzt die Namen der Präsidentinnen und Präsidenten der Synode sowie der Mitglieder und Präsidenten des Synodalrates festgehalten.