1941 – 1950 Gotthold Dumermuth
Dein Reich komme
Jahrzehntbericht über die evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Bern 1941 – 1950. Im Auftrag des Synodalrates verfasst von Gotthold Dumermuth, Pfarrer in Wahlern, 387 Seiten.
Wie der vorausgehende dritte zeichnet sich auch dieser vierte Jahrzehntbericht durch seinen ausserordentlichen Umfang aus. Dieser rührt daher, dass dem Verfasser viel daran gelegen war, möglichst viele Voten aus den auf den Fragebogen des Synodalrates eingegangenen Antworten im Wortlaut zu zitieren. Er will damit offensichtlich aufzeigen, wie unterschiedlich zu den einzelnen Themen berichtet wird, und wie vielfältig, ja gelegentlich gegensätzlich die Erfahrungen sein können, die in den in ihrer Vielfalt ebenso unterschiedlichen Gemeinden gemacht werden.
Die Berichtsperiode teilt sich auf in die ersten 5 Jahre der Kriegszeit und die anderen 5 Jahre der Nachkriegszeit. Entsprechend beginnt der Bericht mit einem einleitenden Kapitel über die Veränderungen auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet, was den Bevölkerungsstand, die Landwirtschaft, was Industrie, Gewerbe und Handel, die Wohnverhältnisse, das Vereinsleben und die politischen Parteienanbelangt und analysiert dabei die Auswirkungen, die durch den Kriegsausbruch und die Mobilisation spürbar geworden sind. Viel Raum nimmt der Bericht über das Verhalten und Ergehen der Wehrmänner ein, den Feldpredigerdienst, die Probleme von Internierung, Flüchtlinge und Rückwanderer, kriegswirtschaftliche Massnahmen wie Anbau und Rationierung und natürlich auch die ganze Problematik des Nationalsozialismus zur Kriegszeit und des Kommunismus in der Nachkriegszeit.
Für die Darstellung des kirchlichen Lebens werden den einzelnen Kapiteln gelegentlich ein paar grundsätzliche Gedanken vorangestellt, was dem Berichterstatter Gelegenheit gibt, seine theologische Position der Wortgottestheologie zum Zuge kommen zu lassen und damit dem Bericht selbst gelegentlich Verkündigungscharakter zu verleihen.
Der Abschnitt über den Gottesdienst enthält, was als Grundangebot der Kirche zu deren Verkündigung gerechnet wird: Predigt, Taufe und Abendmahl, Jugendgottesdienst und Jugendarbeit, Seelsorge – ausdrücklich als Verkündigung an den Einzelnen verstanden, Trauungen, Abdankungen und Evangelisation.
Die handelnden Personen werden im Unterschied zum vorausgehenden Bericht nicht mehr als Amtsträger bezeichnet. Sie figurieren unter dem Gesamttitel der Gemeinde. Diese umfasst alles und alle, vom Kirchgemeinderat bis zur Kirchendirektion, Pfarramt und freiwillige Helfer, die mitarbeitenden Frauen und den Synodalrat, die gesamtkirchliche Verwaltung und den Unterhalt der Gebäude.
Vielfältig sind, darüber berichtet das anschliessende Kapitel, die Beziehungen zu anderen Kirchen, Gemeinschaften, Sekten und religiösen Strömungen. Diese sind gekennzeichnet durch zunehmende Offenheit aber auch Zurückhaltung, durch Verständnis und Enttäuschung, tragen aber immerhin als positive wie auch als negative Erfahrungen viel dazu beim, dass Kirche und Protestantismus sich selber nach innen besser verstehen und nach aussen erkennbar auftreten.
Im Zeichen des Gesamttitels der Berichterstattung vom kommenden Reich Gottes steht das Kapitel, das vom Einfluss der Kirche auf das öffentliche Leben handelt. Es ist überschrieben mit den Worten: Der Herr der Kirche ist der Herr der Welt. Da kommt zum Zuge, was die in der Mitte der Berichtsperiode verhandelte und verabschiedete Kirchenverfassung im Blick auf die ersten fünf Jahre dem diktatorischen Führer gegenüber bekennt, dass nämlich Christus das alleinige Haupt der einen allgemeinen christlichen Kirche ist, und für die auf den Krieg folgenden Jahre des Wiederaufbaus bezeugt, dass das Wort Gottes für alle Bereiche des öffentlichen Lebens, wie Staat und Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur gilt, und es daher die Aufgabe der Kirche ist, alles Unrecht sowie jede leibliche und geistige Not und ihre Ursachen zu bekämpfen. Von diesem Bekenntnis und Zeugnis geleitet handelt der Bericht nunmehr von sozialer Gerechtigkeit, aber auch von Bars und Dancings, von Steuermoral und Sonntagsheiligung, von Ehe und Familie und den Medien, von Volksfesten und der Geldwirtschaft, von Ökumene, Mission und Friedensarbeit, und erstmals auch vom HEKS.
Der Bericht schliesst, wie es anders nicht sein kann, mit der Erinnerung daran, dass in der Zehnjahresperiode, zwei Tage vor Kriegsende, am 6. Mai 1945, das neue Kirchengesetz in Kraft getreten ist, auf dessen Grundlage dann auch die eben zitierte Kirchenverfassung entstanden und am 13. Oktober 1946 vom kirchlichen Stimmvolk wenn auch unter bescheidener Stimmbeteiligung so doch bei 11'770 Ja-Stimmen und lediglich 274 Nein-Stimmen mit überwältigendem Mehr angenommen worden ist.
Der recht ausführliche Anhang enthält den der Berichterstattung zugrunde liegenden Fragebogen des Synodalrates, den Jahrzehntbericht des Ausschusses für kirchliche Liebestätigkeit, den Jahrzehntbericht der Prüfungskommission sowie das Verzeichnis der Kandidaten für die Aufnahme in den Bernischen Kirchendienst.