Gemeinschaften, Freikirchen, Bewegungen und Sekten

Die Bezeichnungen der einzelnen Gemeinschaften entstammen den jeweiligen Vierjahres- und Jahrzehntberichten. Sie sind zeitbedingt. Gleiches gilt für die Einschätzung der Gemeinschaften.

Der Sektenprediger bringt das Evangelium in's Haus. 1878

Hinneigung zur Freikirche soll man in der Tat dem Berner nicht zumuten; sie liegt ganz und gar nicht in seiner Natur. 1878

Bei der vollen Glaubens- und Gewissensfreiheit von heutzutage geht es nicht mehr an, von Sekten im früheren Sinne des Wortes zu reden, am wenigsten bei Gemeinschaften. 1886

Auffallen muss bei den meisten Sektengliedern, dass sie nicht aus der Landeskirche austreten, die sich doch nach Kräften untergraben. 1890

Alte Stammsitze des bernischen Gemeinschaftslebens waren der Heimberg, das stille Tannental bei Biglen, Adelboden und das ehemals einsame Saanenland. Heutzutage ist Hauptquartier für die verschiedenartigsten religiösen Strömungen vor allem die Stadt Bern. 1920

Entvölkern die Eisenbahnen mancherorts die Kirchen, so dienen sie als Mittel um Gemeinschaftsglieder von beträchtlichen Entfernungen her nach günstig gelegenen Vereinshäusern zu bringen. 1920

Die Sache der Landeskirche erhält von den Gemeinschaften nicht eigentliche Förderung. 1920

Kann es uns nun, angesichts der seelischen Erschütterung durch den Weltkrieg verwundern, dass die Milleniumsleute, die Tagesanbrüchler, die "Auroristes", bei manchen Gehör finden? Dass vor allem die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher in zahlreichen Gemeinden Boden erobert und viele Gemüter verwirrt haben? 1920

Es gibt Gemeinden, in denen die Pfarrer in sehr erfreulicher Weise mit den Predigern der Gemeinschaften zusammenspannen; anderswo freilich ist das trennende Misstrauen noch nicht überwunden. 1930

Heute profitieren solche Bewegungen von der verfassungsmässig gewährleisteten Glaubens- und Gewissensfreiheit. 1930

Eines freilich scheint uns die Anziehungskraft der ausserkirchlichen Gemeinschaften und der Sekten zu beweisen, nämlich, dass das Bewusstsein der Erlösungsbedürftigkeit in unserem Volk weniger fehlt, als man oft meint. 1930

L'influence de ces sectes est un poison. 1940

Die Blütezeit der alteingesessenen Sekten und Gemeinschaften ist vorüber. Wenn auch äusserlich der religiöse Betrieb im alten Rahmen weiter geht, so sind doch Zeichen geistiger Erschöpfung nicht zu verkennen. 1940

In schmerzlicher Erinnerung dessen, wie gerade die frühere bernische Staatskirche jahrhundertelang an vielen edlen Gemeinschaftschristen, ganz besonders an den Taufgesinnten, sich vergangen hat, werden wir gut tun, den Balken im eigenen Auge zu entfernen, ehe wir die Splitter aus unserer Brüder Augen zu ziehen versuchen. 1940

Die Beurteilung der Sekten ist zurückhaltender, besonnener, milder und gerechter geworden ist. 1950

Es gibt keinen andern Weg als den, mit den Vertretern der ausserkirchlichen Gemeinschaften ins Gespräch zu kommen. Aus dieser Einsicht entspringt der Gedanke der Allianz. 1950

Die Entwicklung geht in die Richtung auf ein besseres gegenseitiges Verständnis. 1960

Das Verhältnis zu Freikirchen und Gemeinschaften ist sehr unterschiedlich und hinterlässt einen eher zwiespältigen Eindruck. 1970

Die Prediger sind eher kirchenfreundlicher als früher. Doch es fehlt nicht an Klagen wegen verborgener Überheblichkeit gegenüber der Landeskirche. 1970

Das Kirchenvolk bleibt in der Regel gegenüber Freikirchen und Gemeinschaften kühl, nicht feindlich, aber vielfach bewusst distanziert. 1970

Das Wort "Sekte" ist eigentlich veraltet. Man dürfte damit nur noch religiöse Gemeinschaften bezeichnen, die eine sektiererische Haltung einnehmen. 1970

Das Sektenwesen scheint im letzten Dezennium eher zurückgegangen zu sein. 1970

Nirgends ist von Zusammenarbeit, vielmehr aber von Zusammenstössen die Rede. 1970

Le dialogue avec les communautés est particulièrement difficile. 6,132

L'ouverture du côté de l'Eglise catholique romaine a fait naître une méfiance du côté des Eglises libres et des communautés. 6,132

Die Frage, wie mit den "andern" umzugehen ist, hat die Kirche auch im Berichtsjahrzehnt stark beschäftigt. Eine angestrebte Verordnung betreffend Anerkennung landeskirchlicher Gemeinschaften konnte nicht realisiert werden. 2000

Ganz bewusst verzichtete der Synodalrat darauf, Kirchlichkeit zu definieren und ein Bekenntnis zu formulieren. 2000

Alttäufer - Mennoniten        
Die Alttäufer stellen sich an manchen Orten nicht gerade kirchenfeindlich. 1878

Die alter Täufer (Wiedertäufer, Anabaptisten), die sich noch ziemlich zahlreich im Jura in den Gemeinden Tramelan, La Ferrière, Sornetan, Sonvilier, in den Emmentalischen Gemeinden Langnau, Rüderswil, Signau und einzelne in den Gemeinden Höchstetten, Kurzenberg, Buchholterberg vorfinden sind friedliche, würdige und oft sehr ehrwürdige Leute. 1882

Die Wiedertäufer sind nicht sehr zahlreich, leben sehr still und ehrbar meist auf einsamen Höfen, stellen sich freundlich zu der Kirche und ihren Geistlichen und besuchen im Jura öfter den deutschen Gottesdienst in den Kirchen. 1886

Es sind stille, brave und keineswegs aggressive Leute. 1894

Ihre Reihen lichten sich. 1898

Zu den Täufern verschiedener Observanz ist das Verhältnis je nach der Landesgegend recht verschieden. Im Jura lebt man mit ihnen meist in gutem Einvernehmen, während sie in gewissen Strichen des Emmentals nicht eben kirchenfreundlich erscheinen. 1930

Mit der Täuferschaft stehen wir vielfach in freundschaftlich nachbarschaftlichen Beziehungen. Die verschiedene Auffassung in der Tauffrage – Kindertaufe, Erwachsenentaufe – findet hüben und drüben weitgehendes Verständnis. 1940

Die Altevangelische Taufgesinnten-Gemeinde im Emmental hat in einer ausserordentlichen Gliederversammlung im Oktober 1947 unsere Kirchenverfassung anerkannt. 1950

Nicht als Sekten, sondern als Gemeinschaften betrachten wir die Mennoniten-Gemeinden, die in unserm Gebiet stark verbreitet sind. 1950

Anthroposophische Bewegung
Vor allem auf die jüngere Lehrerschaft übt die Anthroposophie eine grosse Anziehungskraft aus. Die Leute treten aus der Kirche nicht ausdrücklich aus, sind aber für sie verloren. 1940

Der Synodalrat beauftragte den Professor der Dogmatik an der evangelisch-theologischen Fakultät, Herrn Professor Martin Werner, eine Schrift über die Anthroposophie auszuarbeiten, welche im Mai 1939 unter dem Titel "Anhroposophisches Christentum?" erschienen ist und einen raschen Absatz fand. Zur Abwehr hat 1940 Herr Professor Eymann eine Gegenschrift veröffentlicht: "Anthroposophie und Theologie". 1940

Die Synode vom 13. Dezember 1938 hatte schon vorher eine Erklärung einstimmig angenommen, deren zweiter Teil lautet: "Die Synode sieht in der Anthroposophie – wie in jeder Sektenbildung – eine Mahnung an die Kirche, ihre eigene Lehre zu handhaben und ihr Leben auszugestalten. Sie hält aber die anthroposophische Theorie nicht für vereinbar mit der biblischen Botschaft von der Erlösung und spricht darum den bestimmten Wunsch aus, dass Predigt und Unterricht nicht im Sinne der Anthroposophie beeinflusst und ausgerichtet werden sollen." 1940

Auch wenn wir den Weg, den die Anthroposophie theoretisch und praktisch einschlägt, für verkehrt halten, sollten wir doch den Ernst, mit dem er beschritten wird, anerkennen. Dies um so mehr, da wenigstens wir Theologen wissen sollten, wie das Problem einer Synthese zwischen exakter Naturerkenntnis und christlicher Wahrheitserkenntnis vielen Ernsten unter unsern Volks- und Gemeindegliedern zu schaffen macht. 1940

Was in jedem Fall von der Anthroposophie her als Frage an die Kirche uns immer wieder beschäftigen muss, ist die ganzheitliche Schau von Glauben und Leben, Geist, Natur und Welt, Wissenschaft und Technik, Kunst und Kultur. 1950

Antonianer
Die Antonianer, welche in früheren Zeiten auch vornehme Glieder zählten und noch in den dreissiger Jahren der Obrigkeit viel zu schaffen machten, sind sehr zusammengeschmolzen. 1882

Sie verhalten sich vollständig ablehnend gegenüber der Kirche. 1902

Apostolische Kirche siehe Irwingianer

Arche des Vaters Stanger
Entschieden kirchenfeindlich stellen sich die Anhänger der "Arche des Vaters Stanger", die zwar grundsätzlich innerhalb der Kirche stehen wollen. 1930

Bergerianer – Evangelischer Brüderverein
Der Perfektionist Fritz Berger in Kalchofen. Sein Einfluss hat in den letzten Jahren an Ausdehnung sehr gewonnen. 1930

Berger geht mit der Heiligen Schrift sehr willkürlich um und verwirrt durch ungesunden suggestiven Einfluss die Leute. 1930

Als eine bedenkliche Verirrung muss seine ablehnende Haltung dem Vaterunser gegenüber, insbesondere die von ihm geforderte Ausschaltung der Bitte "vergib uns unsre Schulden" bezeichnet werden. Nach ihm ist der Wiedergeborene sündlos. 1930

Berger ist aus der Landeskirche, die er verwirft und befehdet, ausgetreten. 1930

Ihre Zentrallehre ist die starkbetonte Wiedergeburt. 1940

Ihre Kinder werden nach einem etwa drei Wochen dauernden Unterweisungskurs im Wydibühl konfirmiert. 1940

Im Ganzen hat der Brüderverein hier nicht mehr die Bedeutung wie noch vor zehn bis zwölf Jahren. 1940

Durch besondere Angriffigkeit hat sich der Evangelische Brüderverein – nach dem Tode von "Vater" Fritz Berger nun durch dessen Schwiegersohn Max Graf im Wydibühl bei Brenzikofen geleitet - hervorgetan und eine ganze Anzahl Kirchenaustritte erzielt. 1950

Die gehässige Polemik gegen die Kirche ist leiser geworden. 1960

Berner Zeltmission
Prediger Brinke. Wir stehen da vor einem typischen Fall, dass ein einzelner Redner auf eigene Faust ein geistliches Unternehmen beginnt (und Kollekten anmeldet). 1940

Wir bedauern das Auftreten dieser Zeltmission. 1940

Die Freien Brüder (Brinke-Gemeinschaft) besuchen zwar den kirchlichen Gottesdienst nicht, sind aber dankbar, wenn ihnen der Pfarrer eine Bibelstunde hält. 1950

Die Zeltmission, wo sie auch auftritt, hinterlässt einen zweifelhaften Eindruck. 1970

Bibelschule Beatenberg (Ehepaar Dr. Wasserzug)
Die Leitung der Bibelschule hat keinerlei Beziehungen zur Kirche und auch kein Verständnis für die Kirche und ihre Arbeit. 1940

Seit dem Tode des Gatten führt Frau Dr. Wasserzug seine Arbeit weiterhin, ohne sich am kirchlichen Leben der Wohngemeinde zu beteiligen. 1950

Bruderianer
Eine ganz lokale und merkwürdige Gemeinschaft ist die der Bruderianer. Sie kommt nur in Kallnach vor und besteht bloss aus Frauen und Jungfrauen, welche, wie ihr Haupt Michael Bruder von Schaffhausen, in Krankheitsfällen Arzt und Arzneimittel als unchristlich verschmähen, sich des Fleischgenusses enthalten, tägliche Gebetszeiten beobachten und sich von allen andern christlichen Gemeinschaften streng absondern. 1882

Christliche Wissenschaft
Sie übt in erster Linie deshalb Anziehungskraft aus, weil sie sich mir der Heilung von Krankheiten befasst. 1920

Das Wachsen und Erstarken der "Christlichen Wissenschaft" zu einem Faktor im heutigen Geistesleben ist mit andern Erscheinungen ein Beweis dafür, dass der Materialismus als Lehre überwunden ist. Die Seelen fangen an, sich ihrer Rechte zu wehren, und sind in einen Freiheitskrieg getreten. 1920

Anstössig ist uns die Art und Weise, wie das Wort der Eddy als unfehlbar betrachtet wird. 1920

Erfolg scheint die "Christliche Wissenschaft" zu haben, deren Anziehungskraft hauptsächlich in der Lehre von der Überwindung der Krankheit besteht. 1930

Was an dieser Lehre Gesundes ist, wird, wenn auch in anderer Ausprägung, auch von der landeskirchlichen Kanzel verkündigt. Der Rest wird auf die Dauer schwerlich ausreichen, um die Sekte als selbständige Gemeinschaft am Leben zu erhalten. Sind einmal dem suchenden Volk die Augen darüber aufgegangen, so wird das Interesse für sie von selbst abflauen. 1930

Nach einigen Berichten hat diese Bewegung je länger desto mehr – allerdings mit Ausnahmen – ihre Mitglieder zum Austritt aus der Kirche verpflichtet. 1940

Ihr Erfolg hat im Laufe der Jahre abgenommen, weil sie viel versprochen und nicht halten konnte. 1940

Darbisten            
Der oberländische Zweig soll sich gegen die Kirche feindselig verhalten, sie verachtend; aber er gewinnt nicht an Boden. 1886
    
Sie meiden gewöhnlich alle und jede Berührung mit den Landeskirchlichen, setzen, ähnlich wie die Neutäufer, grundsätzlich keinen Fuss in unsere Kirchengebäude und taufen selbst. 1894

Antikirchlich ist ihre Haltung wohl fast überall geblieben, wenn sie auch im Frieden mit Kirche und Pfarrer zu leben wünschen. 1902

Ils ne laissent pas leurs enfants participer à une quelconque des activités religieuses de la paroisse, ils leur interdisent même de venir à la fête de Noël. 1940

Eglise libre
Die Freie Kirche, oder vielmehr die Freien Kirchen im Kanton unterscheiden sich in der Lehre und im Kultus nicht wesentlich von der Landeskirche, nur wollen sie ihre kirchlichen Angelegenheiten frei, ohne Einmischung des Staates, selber ordnen. 1882

Die Französische Freikirche im Jura ist ein Zweig teils der waadtländischen, teils der neuenburgischen Eglise libre. 1886

Sie richtet Kapellen und Stationen ein mit eigenen Geistlichen. 1890

Eine besondere Stellung nimmt im reformierten Teil des Berner Jura die Freie Kirche ein. Sie hat hier kraft der innigen Verbindung mit den gleichgesinnten Kreisen in den Kantonen Waadt und Neuenburg nichts vom Wesen und Charakter einer Sekte. Sie wird von der Landeskirche als gleichberechtigt anerkennt und verhält sich dieser gegenüber loyal. 1920

La plupart des membres de ces Eglises se rattachent encore à l’Eglise, c’est-à-dire qu’ils paient l’impôt d’église. Nous entretenos de bons rapports avec les deux congrégations. 1940

Ausgezeichnete Beziehungen kennzeichnen das Verhältnis von Landeskirche und Eglise libre. 1950

Cette dernière décennie a été marqué par les fusions des Eglises libres vaudoise au Jura avec l’Eglise réformée du Canton de Berne. 1970

Evangelische Gemeinschaft (Albrechtsbrüder)    
Die Albrechtsbrüder sind äusserst agitationslustig und auf das Agitieren eingeübt, vortrefflich organisiert und von Amerika her mit Leuten und Geld stark unterstützt. Sie machen zur Zeit der Nationalkirche den Boden am streitigsten. 1882

Die Evangelische Gemeinschaft ist eine kämpfende, erobernde Kirche, daraufhin ist sie stramm organisiert. 1886

Wo sie das Feld beherrscht, ist, auch wenn meistens keine ausdrücklichen Angriffe erfolgen, die Kirchgemeinde mehr oder weniger in Frage gestellt. 1940

Es wird anerkannt, dass sie eine gut organisierte Freikirche darstellt. 1950

Die christliche Literatur fördert sie durch Betrieb einer eigenen Verlagsbuchhandlung in Bern mit Filiale in Thun. 1950

Evangelischer Brüderverein siehe Bergerianer

Freie Gemeinde
Die freie Gemeinde benimmt sich in jeder Beziehung sehr frei. 1902

Die freie Gemeinde stellt sich ganz gleichgültig zur Kirche. 1940

Freie Kirche siehe Eglise libre

Freimaurer
Es ist zu betonen, dass verschiedene Gemeindeglieder Mitglieder von Freimaurer-Logen sind. Die Mitglieder der Loge distanzieren sich meist in auffälliger Weise von der Kirche. 1950

Hansulianer siehe Tannentalbrüder

Heilsarmee
Wo sie auftrat, schlossen sich ihr meist nur längst angeregte Kirchenglieder an, in denen überdies freikirchliche Neigungen bereits vorhanden waren. 1886

Es war nicht anders zu erwarten, als dass die Heilsarmee in unserem Lande wenig Anklang, wohl aber heftigen Widerstand finden werde. 1886

Das völlig unbiblische Hervortreten des weiblichen Elementes. 1886

Die Salutisten sind keine gewöhnliche religiöse Genossenschaft, ihr Auftreten an sich ist im höchsten Grade eine Provokation. Sie treten in einem christlichen Lande mit der Anmassung auf, dasselbe erst für den Herrn erkämpfen zu müssen. 1886

Das Auftreten der Heilsarmee gegenüber der Kirche und ihren Vertretern wird im Allgemeinen als ein ziemlich gegensätzliches geschildert. 1894

Die Heilsarmee macht weniger Lärm als früher. 1898

Die Heilsarmee ist um so weniger eine Gefahr für das religiöse Leben, als die Mehrzahl ihrer Glieder mit der Landeskirche in Berührung geblieben ist. 1898

Die Heilsarmee nimmt  eine exzeptionelle Stellung ein, eine ausserkirchliche, aber eigentlich nicht antikirchliche. Der Landeskirche tut sie im ganzen wenig Abbruch. Ihre sozialen Rettungswerke gewinnen ihr auch in landeskirchlichen Kreisen viel Anerkennung. 1906

Sie erfreut sich der Sympathie der hiesigen Bevölkerung. 1920

Hauptverdienst dieser Gemeinschaft ist ihr unzweifelhaftes Geschick, sich verkümmerter Personen, die sich sonst überall zurückgesetzt fühlen, liebevoll anzunehmen. 1920

Zur Heilsarmee scheinen die Beziehungen im letztabgelaufenen Jahrzehnt sich durchaus freundlich gestaltet zu haben. 1930

Sie führt den Kampf gegen den Alkoholismus, die Prostitution und gegen Verelendung überhaupt. 1940

Zu der Heilsarmee besteht keine enge Verbindung, jedoch ist das Verhältnis zu einzelnen Gliedern und zum ganzen Werk ein freundschaftliches. 1940

Die Heilsarmee geniesst Vertrauen und Achtung seitens der Bevölkerung. 1950

Ihre Mitglieder sind mehrheitlich kirchentreu. 1950

Heimbergbrüder        
Spezifisch Oberländisch sind die Heimbergbrüder, die alle Jahre im Frühling und Herbst in Saanan oder Adelboden den sog. "Bruderdorf" abhalten. 1882

Keine Sekte, sondern eine kleine engere Vereinigung religiös Angeregter zu mehrerer Erbauung und brüderlichem, religiösem Gemeinschaftsleben, ganz in der Weise der evangelischen Gesellschaft, mit welcher sie in loser Verbindung stehen. 1886

Herrnhuter Brüdergemeinde        
Eine ganz andere Stellung, nicht aus der Kirche ausgetreten, nehmen die Mitglieder der Brüdergemeinde ein. Sie sind stille, rechtschaffene, soweit Menschenurteil reicht, wahrhaft fromme Christenmenschen. 1878

In einem durchaus freundlichen Verhältnis zueinander stehen die Landeskirche und die Herrnhuter Brüder-Sozietät. 1940

Wohl keines unserer Mitglieder möchte die Landeskirche und die Zugehörigkeit zu ihr missen. 1950

Irwingianer (apostolische Kirche)        
Bekannt sind die kirchenfeindlichen Irvingianer, die sich mit den übrigen Gemeinschaften wenig einlassen und im allgemeinen stille Wege gehen. 1878

Sie sind ziemlich abgeschlossen und im Ganzen friedliebend. 1886

Wir befürchten nicht, dass dieser doktrinäre Halbkatholizismus unser Volk sehr interessieren werde. 1890

Wenn auch ihre "Engel" nebst der Predigt da und dort auch taufen und unterweisen, so ist doch ihre Stellung zur Landeskirche nicht überall eine feindselige. Ihre Glieder gehen mancherorts regelmässig zum kirchlichen Gottesdienst. 1902

Das Urteil über sie lautet meist günstig, sie besuchen auch die landeskirchlichen Gottesdienste und nehmen teil am Abendmahl. 1906

Die Tätigkeit dieser Sekte nahm in den letzten Jahren stark ab. 1940

In früheren Jahren schloss diese Sekte sich streng von der Kirche ab, in neuerer Zeit kommen die Kinder in die Kinderlehre und Unterweisung der Landeskirche. 1940

Landeskirchliche Gemeinschaft
Fraglich erscheint uns die Bezeichnung "Landeskirchliche Gemeinschaft". Fast wäre man versucht anzunehmen, die Bezeichnung "landeskirchlich" müsse hier den Dienst eines Lockvogels versehen, während die gepflegte Gemeinschaft sich nur wenig der Landeskirche erinnere. 1930

Eine Anzahl ihrer Glieder sind treue Kirchenbesucher und fühlen landeskirchlich, daneben gibt es auch andere, selbst solche, die ihre Kinder in der Kirche weder taufen noch konfirmieren lassen. 1940

Während ihre Glieder mehrheitlich den kirchlichen Gottesdiensts besuchen, gibt es doch einzelne Gemeinden, wo sie der Kirche eher ablehnend gegenüberstehen. 1950

Mennoniten siehe Alttäufer

Methodisten        
Die Methodisten verlangen von den zu ihnen Übertretenden durchaus nicht die Abgabe einer Austrittserklärung aus der Landeskirche. 1878

Die Versammlungen werden auch von landeskirchlichen Personen häufig besucht. 1878

Sie lassen kein Mittel unversucht, um sich auszubreiten. 1878

Am weitesten verbreitet im Kanton und auch der Zahl nach am stärksten sind gegenwärtig unzweifelhaft die Methodisten, welche sich in bischöfliche Methodisten und die Albrechtsbrüder (evangelische Gemeinschaft) trennen. 1882

Die Invasion der Methodisten hat hier eher günstig gewirkt, und zwar nicht nur bei den durch diese Bewegung unmittelbar Ergriffenen, deren Zahl nicht sehr gross ist, sondern indirekt auch bei solchen, die diesen Kreisen ferne stehen. 1886

Trotz allem nehmen sie nicht zu, und diese Abnahme wird in Zusammenhang gebracht mit dem Bau von Kapellen, wodurch ihre Separationsabsichten auch für die Arglosen offenkundig geworden seien. 1886

Die bischöflichen Methodisten – die Gruppe besitzt Lebenskraft, erhält an manchen Orten bedeutenden Zuwachs, zeigt aber deutlich weniger den Wunsch, von sich Aufhebens zu machen, als das Bestreben, die errungene Stellung zu festigen und sich in der Verfassung, den für Kultus und Amtsführung gültigen Ordnungen, sowie der ganzen Arbeitsweise dem Vorbild der Kirche zu nähern. 1920

Ihre Anhänger haben meistens ein freundliches Verhältnis zur Landeskirche, sie besuchen zum Teil auch die Predigt. 1940

Milleniumsbrüder, auch Tagesanbrüchler genannt
Diese Leute verlangen, im Taufrodel gestrichen zu werden und ziehen ausdrücklich ihr Konfirmationsgelübde zurück. 1902

Oxfordbewegung
Sind auch die Wellen schwächer geworden, so haben sie doch eher zur Kirche als von ihr weggeführt. 1940

Die Oxfordbewegung hat vorübergehend zahlreiche, namentlich bessersituierte Leute erfasst, nur wenige sind ihr wirklich treu geblieben. Die meisten sind wieder abgesplittert, einzelne wenige sind durch sie wirklich der Kirche wieder zugeführt worden. 1940

Die Gruppenbewegung "Moralische Aufrüstung" ist auch in unsern Gemeinden immer noch spürbar. Manche haben durch sie den Weg zur Kirche gefunden. 1950

Pfingstbewegung
Nur bedingterweise können wir bei der Pfingstbewegung von Sekte reden, doch ist die Gefahr der Überspannung und Unnüchternheit immer in bedrohlicher Nähe. 1950

Mormonen
Über die Zahl dieser Leute können wir keine Angaben machen; sie ist aber wohl eine weit geringere, als man vielfach glaubt; es dürften im ganzen Kanton keine 300 sein. 1878

Die Mormonen bekehren für den Mormonenstaat, ihre Angeworbenen werden stossweise dorthin abgeschoben. 1886

Sie hielten mit ihren unverschämten Besuchen und Zumutungen nicht eher inne, als bis der Familienvater ihnen das Betreten des Hauses verbot. Dieses Treiben veranlasste die Kirchenbehörden zu Schritten bei den Staatsbehörden, und da bei diesen gleichzeitig amtliche Mitteilungen von schweizerischen Konsuln in Amerika einliefen, welche die Lage der nach Utah ausgewanderten Mormonen schweizerischer Herkunft als eine überaus beklagenswerte schilderten, so veröffentlichte die Polizeidirektion eine "Warnung vor den Mormonen". 1886

Es gelingt ihnen von Zeit zu Zeit, eine Anzahl Proselyten nach Utah zu entführen. 1890

An immer neuer Propaganda durch Sendlinge aus Amerika fehlt es nicht. 1902

Weniger wohlgelitten sind die Mormonen. 1906

Trotz des bewundernswerten Einsatzes der Mormonen in unzähligen Hausbesuchen blieb ihr Erfolg gering. 1960

Neuapostolen
Die Neuapostolen wirken hier stark propagandistisch, bewusst antikirchlich. 1940

Die bewegteste Geschichte hat wohl die Neuapostolische Gemeinde. Am 6. Juni 1960 starb der Stammapostel, ohne dass die Parusie eingetreten war. 1960

Neutäufer            
Zu den älteren und landwüchsigen Sekten gehört diejenige der Neutäufer.  Sie ist zahlreich. Den Höhepunkt ihrer Ausbreitung hat sie indessen ohne Zweifel bereits überschritten. 1886

Kinder von Neutäufern besuchen den Konfirmandenunterricht, erscheinen aber nicht zur Admission. 1886

Die Neutäufer oder Fröhlichianer, 1832 von Cand. Theol. Samuel Fröhlich in Brugg gestiftet, sind ihrem Charakter nach meist aggressiv und speziell kirchenfeindlich; sie kommen nicht an Leichenbegräbnisse und machen sogar Schwierigkeiten, Verdingkinder in die Unterweisung zu schicken. 1894

Obschon völlig unkirchlich, sind die Neutäufer merkwürdigerweise nicht aus der Kirche ausgetreten. 1940

Nicht direkt kirchenfeindlich, aber kirchenmeidend. 1940

Praktisch gingen sie schon seit Jahrzehnten eigene Wege. 1950

Sabbatisten
Es gibt im Kanton da und dort noch etliche Sabbatisten und anderswo einige Nazarener, denen die Kirche ein solcher Greuel ist, dass sie dieselbe auch dann nicht betreten, wenn sie einem landeskirchlichen Toten die letzten Ehren erweisen. 1886

Scheinen an Schwungkraft verloren zu haben. 1960

Swedenborgianer
Sie machen wenig von sich reden und stehen mit den Gliedern der Landeskirche auf gutem Fusse. 1886

Tagesanbrüchler siehe Milleniumsbrüder

Tannenthalbrüder oder Hansulianer    
Besondere Erwähnung verdienen noch die spezifisch Emmentalischen Tannentalbrüder, nach ihrem Haupt Joh. Ulrich Liechti auch Hansulianer genannt, mit stark mystischem Zug. Vom Abendmahl halten sie sich fern. 1882

Sie sollen auf das geordnete Pfarramt und auf die heiligen Sakramente nicht gar viel halten, die innere Erleuchtung, dieses eigentliche Merkmal des Mystizismus, ersetzt ihnen Alles. 1886

Sie sind nicht antikirchlich, aber unkirchlich. 1886

Diese Leute sind nicht so harmlos, wie sie sich stellen. Für sie sind die heiligen Sakramente blosse Äusserlichkeiten, der Verkehr mit den Verstorbenen spielt eine wichtige Rolle. 1890

Ihre Anhänger besuchen das Abendmahl nicht mehr und die Kirche je länger je seltener. 1890

Es scheint, es habe sich bei ihr auch Swedenborgischer Einfluss geltend gemacht, da der Verkehr mit den Geistern von Verstorbenen eine grosse Rolle spielt. 1894

Die Mitglieder dieser Sekte besuchen weder Predigt noch Abendmahl und nehmen auch am politischen Leben wenig oder gar keinen Anteil. 1894

Innere Spaltungen scheinen auch diese kleine Gemeinde, die nirgends unfreundlich gegen die Kirche auftritt, wohl aber sich immer mehr abschliesst, nicht verschont zu haben. 1906

Im Schwinden begriffen. 1950

Urchristen
Die Urchristen, als eine fanatische Abspaltung von den Bergerianern, nehmen an der zunehmenden Verkirchlichung der Bergerianer grossen Anstoss. 1960

Merkwürdig schillernd und von Ort zu Ort verschiedenen verhalten sich die Urchristen. 1960

Zeugen Jehovas
Vor allem die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher hat in zahlreichen Gemeinden Boden erobert und viele Gemüter verwirrt. 1920

Der Anlauf der "ernsten Bibelforscher" ist vom Kirchenvolk selber abgewiesen worden. 1930

In gefährlicher Weise betreiben sie gegen alle organisierten Kirchen, evangelische wie katholische, ihre fanatische Wühlarbeit, und verstehen es besonders gut, das Vertrauen zur Kirche und ihren Dienern zu zerstören. 1940

Aus einigen Gemeinden wird eine zeitweilig intensive Werbetätigkeit gemeldet. 1950

Die militanteste Gruppe unter den Sekten scheinen die Zeugen Jehovas zu sein. 1960

Dabei erweisen sich vor allem die Zeugen Jehovas als besonders angriffig und aktiv. Wo Kirchenaustritte zu verzeichnen sind, handelt es sich sehr oft um Leute, die zu dieser Sekte übergetreten sind. 1970